Inkontinenz durch Übergewicht: Wenn die Blase unter Druck gerät
Viele Menschen kämpfen mit Übergewicht – was oft unterschätzt wird, sind die gesundheitlichen Folgen jenseits von Bluthochdruck oder Diabetes. Eine davon: Inkontinenz. Dass starkes Übergewicht (Adipositas) auf den gesamten Körper wirkt, ist bekannt. Doch wie genau beeinflusst es unsere Blase?
Wie Übergewicht den Beckenboden belastet
Unser Beckenboden ist ein komplexes Muskelgeflecht, das Blase, Darm und bei Frauen auch die Gebärmutter stützt. Bei starkem Übergewicht lastet dauerhaft mehr Gewicht auf dieser sensiblen Muskelregion. Der erhöhte Druck schwächt die Beckenbodenmuskulatur mit der Zeit. Ein schwacher Beckenboden ist oft der erste Auslöser für eine Blasenschwäche. Besonders beim Husten, Lachen oder Heben tritt dann sogenannte Belastungsinkontinenz auf.
Der Zusammenhang zwischen Adipositas und Blasenschwäche
Studien zeigen: Das Risiko für Harninkontinenz steigt mit dem Body-Mass-Index (BMI). Denn bei adipösen Menschen kommt es häufiger zu chronischen Entzündungen und hormonellen Störungen. Chronische Entzündungen im Körper können die Nervenrezeptoren der Blase empfindlicher machen, was zu einem häufigeren Harndrang führt. Gleichzeitig bringen hormonelle Ungleichgewichte – wie ein veränderter Östrogenspiegel – das sensible Zusammenspiel zwischen Blasenmuskulatur und Nervensignalen aus dem Gleichgewicht. Beides zusammen kann dazu führen, dass die Blase überreagiert oder ihre Kontrolle verliert – typische Auslöser für eine Blasenschwäche. Zudem kommt es bei Adipositas zu einem Anstieg des intraabdominellen Drucks – also des Drucks im Bauchraum. Ein äußerer Druck auf die Blase verstärkt immer auch den Harndrang und führt auf Dauer zur Erschlaffung der umliegenden Muskulatur. All diese Faktoren wirken direkt auf die Harnblase und können ihre Funktion beeinträchtigen.
Inkontinenzhilfsmittel bei Adipositas
Menschen mit Adipositas haben häufig spezielle Anforderungen an Inkontinenzhilfsmittel, da Standardprodukte in Größe, Saugstärke und Passform oft nicht ausreichend sind. Geeignete Produkte sind vor allem Inkontinenzhosen oder Hilfsmittel in XXL, Plus- und Spezialgrößen, die eine hohe Saugkraft und eine optimale Anpassung an die Körperform bieten. Wichtig ist dabei eine zuverlässige Fixierung, um Auslaufen zu vermeiden und Hautirritationen vorzubeugen. Atmungsaktive Materialien und eine gute Hautverträglichkeit sind essenziell, da adipöse Personen ein erhöhtes Risiko für Hautprobleme wie Intertrigo (Hautentzündungen in Hautfalten) haben. Empfehlenswert ist zudem eine individuelle Beratung zur Auswahl der passenden Produkte, um Komfort und Sicherheit im Alltag zu gewährleisten.
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Inkontinenz vorbeugen – durch Gewichtsreduktion und Training
Die gute Nachricht: Inkontinenz ist kein Schicksal. Bereits moderate Gewichtsabnahmen können die Beschwerden deutlich lindern – und das ist wissenschaftlich belegt.
Eine US-Studie des National Institutes of Health zeigte, dass Frauen mit starkem Übergewicht, die rund 8 % ihres Körpergewichts verloren, ihre Inkontinenz-Beschwerden um bis zu 47 % reduzieren konnten. Auch andere Studien bestätigen: Schon eine Gewichtsabnahme von 5 bis 10 % reicht oft aus, um den Druck auf die Blase zu senken und die Beckenbodenfunktion zu verbessern.
Regelmäßige Bewegung, ein gezieltes Beckenbodentraining sowie eine ballaststoffreiche Ernährung fördern nicht nur die Gewichtsabnahme, sondern stabilisieren auch langfristig die Blasenfunktion. Besonders bei Belastungsinkontinenz – also unwillkürlichem Urinverlust beim Husten oder Lachen – kann diese Kombination entscheidend sein.
Fazit – Adipositas erkennen & Blasengesundheit schützen
Übergewicht ist mehr als eine Zahl auf der Waage – es beeinflusst die Körperfunktionen auf vielen Ebenen. Gerade wenn es um die Blasengesundheit geht, lohnt sich ein genauer Blick. Wer rechtzeitig gegensteuert, kann Inkontinenz nicht nur lindern, sondern oft auch vorbeugen. Der erste Schritt beginnt mit dem Bewusstsein für den eigenen Körper.
Häufige Fragen (FAQs) zu Inkontinenz bei Übergewicht
Wie hängt Übergewicht mit Inkontinenz zusammen?
Bei Übergewicht erhöht das zusätzliche Körperfett den Druck auf die Blase und den Beckenboden. Besonders beim Husten, Niesen oder Heben kann es so zu ungewolltem Urinverlust kommen. Dies wird als Belastungsinkontinenz bezeichnet und tritt bei adipösen Personen deutlich häufiger auf.
Kann eine Gewichtsreduktion die Inkontinenz verbessern?
Ja, bereits eine moderate Gewichtsabnahme kann die Belastung auf den Beckenboden reduzieren und die Symptome der Inkontinenz deutlich lindern. Studien zeigen, dass besonders bei Frauen mit Übergewicht eine gezielte Gewichtsreduktion die Lebensqualität erheblich verbessern kann.
Welche Inkontinenzprodukte sind für stark übergewichtige Personen geeignet?
Für übergewichtige Menschen gibt es speziell entwickelte Inkontinenzprodukte in großen Größen und mit extra saugfähigem Kern. Produkte mit hoher Passformstabilität und elastischem Hüftbund bieten mehr Komfort und Sicherheit im Alltag – auch bei stärkerem Urinverlust.
Gibt es spezielle Übungen zur Stärkung des Beckenbodens bei Übergewicht?
Ja, gezieltes Beckenbodentraining – auch im Sitzen oder Liegen – ist besonders bei Adipositas sinnvoll. Schonende Übungen, wie sie im Rehasport oder mit Physiotherapeuten angeboten werden, stärken die Muskulatur und helfen, die Kontrolle über die Blase zu verbessern.
Wann sollte man bei Inkontinenz und Übergewicht zum Arzt?
Wenn es regelmäßig zu ungewolltem Urinverlust kommt oder die Lebensqualität dadurch eingeschränkt ist, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Der Hausarzt oder Urologe kann Ursachen abklären, geeignete Therapien vorschlagen und bei Bedarf an spezialisierte Fachstellen oder Beckenbodenzentren überweisen.
Zuletzt geändert:
Quellen
Subak LL, Wing R, West DS, et al.
Weight Loss to Treat Urinary Incontinence in Overweight and Obese Women.
New England Journal of Medicine (NEJM), 2009; 360(5):481–490.
DOI: 10.1056/NEJMoa0806375
https://frauenheilkunde-aktuell.ch/de/fachmagazin/ausgaben/2014-04/adipositas-und-beckenboden/frauenheilkunde-aktuell-2014-04-adipositas-und-beckenboden.pdf